Seinen
Weltruhm verdankt Apuleius den „Metamorphosen“,
dem Werk, das sein Landsmann
Augustinus später als den „Goldenen Esel“ bezeichnet
und das der einzige
vollständig erhaltene Roman in lateinischer Sprache ist. Der
„Goldene Esel“
bietet auch dem heutigen Leser ein Höchstmaß an
Unterhaltung, mit zahllosen
eingebauten „Geschichten in der Geschichte“. Für deren
Qualität spricht, dass
ein Boccaccio sich nicht zu schade war, sich hier für das
„Decamerone“ zu
bedienen.
Apuleius
gibt in Ich-Erzählung die Geschichte des jungen Lucius wieder, den
seine
Neugierde ins Verderben stürzt; er wird in einen Esel, der aber
menschliches
Bewusstsein behält, verwandelt und erlebt als solcher die tollsten
Abenteuer
und Leiden. Lucius fällt unter die Räuber, kommt immer wieder
in Lebensgefahr,
gerät an einen sadistischen Hirtenjungen, betrügerische und
perverse Priester
der „Syrischen Göttin“, wird in eine Drehmühle
gesteckt, muss für einen reichen
Mann possierliche Kunststücke nach Menschenart machen und einer
Matrone aus
Korinth abnorme Sexualdienste leisten. Und selbst die wenigen positiven
Gestalten, die er findet, bringt er mit seiner Neugierde ungewollt in
höchste
Gefahr, so den treuen Gärtner, der ihn vor dem Zugriff des
römischen Militärs
schützte. ...
CD
1:
Schon
im ersten Buch des „Goldenen Esels“, das den Lesetext der
vorliegenden Audio-CD
bildet, bietet Apuleius seinem Leser ein wahres Feuerwerk an
spannenden,
gruseligen und humorvollen Geschichten.
Am
Romanbeginn reitet der junge Lucius aus Korinth nach Hypata in
Thessalien, dem historischen Zentrum der Hexerei. Auf der Reise nach
Thessalien
trifft er Aristomenes aus Ägina, der mit Honig und Käse
handelt und ihm eine
gräuliche Hexengeschichte erzählt: von seinem armen Freund
Socrates, der,
nachdem er von Räubern ausgeplündert wurde, von einer Frau
namens Meroe
zunächst mildtätig aufgenommen wird. Sie serviert ihm ein
gutes Essen, „am
Ende, von Brunst hingerissen“, nimmt sie ihn mit sich zu Bette.
Socrates
verliebt sich und bleibt bei ihr – aber schon nach kurzer Zeit
merkt er, was
für einem Höllenweib er da in die Klauen geraten ist:
„Aber höre nur an, was
sie alles vor vieler Leute Augen getan hat. Einer ihrer Liebhaber hatte
einmal
ein Mädchen vernascht. Mit einem Wort hat sie ihn da in einen
wilden Biber
verwandelt, um ihn an dem zu strafen, womit er gesündigt; denn
dieses Tier
entmannt sich, um sich nicht fangen zu lassen. Danach gab ihr wieder
ein
benachbarter Gastwirt zuwenig Verpflegung; den hat sie zu einem Frosch
gemacht,
der bis jetzt noch immer in seinem Weinfass herumschwimmt und daraus
mit
heiserer Kehle die alten Kunden zu sich einlädt. Ein andermal hat
sie einen
Rechtsanwalt, der einen Prozess gegen sie geführt hatte, zu einem
Hammel
umgestaltet. Du kannst den Hammel noch heutigen Tages vor Gericht
plädieren
sehen. Endlich hatte einmal die Frau ihres Liebhabers sie allzu heftig
verspottet. Was tat sie da? Sie verschließt dieser Frau in dem
Augenblick, als
sie entbunden werden sollte, den Leib, treibt ihr die Geburt
zurück und
verdammt die arme Unglückliche zu einer ewigen Schwangerschaft. Es
sind nun
schon, wie ihr jeder nachrechnen kann, über acht Jahre, dass sie
sich so mit
dickem Bauch herumschleppt, gleichsam als sollte sie einen Elefanten
zur Welt
bringen. ...
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