Altindisches Märchen „Der
Weber als Wischnu“ (Sammlung: Pancakhyayika, Textvorlage: Stenzler,
Elementarbuch der Sanskritsprache), aus dem Sanskrit ins Lateinische übersetzt.
Mit ausführlichem lateinischem Glossar und Auszug aus lateinischer
Kamasutra-Übersetzung des Indologen Richard Schmidt.
Gelesen mit
wissenschaftlich-rekonstruierter, klassischer Lateinaussprache (pronuntiatio
restituta). Textbüchlein (Booklet) mit Glossar und Auszug aus lateinischer
Kamasutra-Übersetzung des Indologen Richard Schmidt ist beigefügt.
Ein armer Weber verliebt
sich so heftig in eine Prinzessin, dass er, vom Pfeil des Liebesgottes
getroffen, in Ohnmacht fällt. Wieder erwacht, bittet er seinen Freund, einen
Wagenbauer, ihm einen Scheiterhaufen zu errichten, da er keine Möglichkeit
sehe, sich der Prinzessin zu nähern und deshalb das Leben nicht mehr ertragen
könne. Doch der Freund weiß Rat: Er baut dem Weber eine Flugmaschine, die dem
Garuda, dem Vogel des Gottes Wischnu, täuschend ähnlich sieht und stattet den
Weber mit allen Insignien dieses Gottes aus. Damit fliegt dieser nachts in das
Schlafzimmer der Prinzessin, stellt sich ihr als der Gott Wischnu vor,
versichert ihr, daß er sich in sie verliebt habe und sie deshalb – ihm als
einem Gott sei dies erlaubt – in einer Gandharvenehe, d.h. sofort und ohne alle
Formalitäten, heiraten werde. Das naive Mädchen fühlt sich tief geehrt und
willigt ein; so verbringen sie diese Nacht (und viele folgende Nächte) nach den
Vorschriften des Kamasutra.
Als König und Königin, von
den Haremswächtern alarmiert, am Körper ihrer Tochter die Spuren von
Liebesbissen feststellen, sind sie zunächst empört und schwören dem Verführer
ihrer Tochter grausame Rache. Als sie
aber erfahren, daß sich nachts der oberste Gott ihrer Tochter nähert, da
schlägt ihre Empörung in wahre Begeisterung, Stolz und Machtgelüste um: Der
König, bereit, mit Unterstützung durch seinen prominenten Schwiegersohn die
Weltherrschaft zu übernehmen, greift sogleich alle Nachbarstaaten an. Doch als
die zurückschlagen, das Land des Königs erobern und diesem schließlich nur noch
die Hauptstadt bleibt, bittet er seinen Schwiegersohn um den längst erwarteten
göttlichen Beistand. Für den aber wird die Lage nun äußerst schwierig:
verzweifelt will er im Kampf sterben. Da schaltet sich in letzter Minute der
echte Gott Wischnu ein...
Die
spannende und liebenswürdig-humorvolle Erzählung entspricht dem Novellentyp,
den Otto Weinreich als den „Trug des Nektanebos“ bezeichnet hat. Dieser findet
sich wieder in Boccaccios Novelle vom Fra Alberto, der sich bei einer schönen,
frommen Frau als der Erzengel Gabriel ausgibt, um mit ihr die Nacht verbringen
zu können...
Sprecher: Nikolaus Groß
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