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Seneca
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EPISTULAE A SENECA AD LUCILIUM SCRIPTAE I

Senecas Briefe an Lucilius sind das reifste Erzeugnis dieses Schriftstellers, der vollkommenste Spiegel seines reichen Geistes, seiner Lebenserfahrungen und tiefen Menschenkenntnis, seines ernsten Ringens um sittliche Wahrhaftigkeit und innere Freiheit.
Die Sammlung der 124 „Briefe an Lucilius“ geht in feiner didaktischer Hinführung von den ‚kleinen Tugenden’ aus, also von Freundschaft, Genügsamkeit, sozialem Zusammenleben, privater Menschlichkeit – berühmt wurde Senecas Plädoyer für eine humane Behandlung der Sklaven, die eben auch Menschen, keine Maschinen seien. Es folgen umfangreichere Briefe, über die Kunst des Sterbens und den Wert der Bildung bzw. den Unwert des philologisch-antiquarischen Positivismus; was keinen Bezug zur Lebensführung hat, ist Zeitverschwendung, also schädlich. Am Schluss der Sammlung stehen die zu Essays anwachsenden Briefe über Fragen der hellenistischen Philosophie, z.B. die Kardinaltugenden, die wahre Rhetorik und Poesie, über die stoische Definition des Guten.
Seneca ist einer der größten Meister der lateinischen Sprache. Ständige Selbstbeobachtung befähigte ihn, in nuancierter Sprache feine Regungen des Seelenlebens auszudrücken. Sein Stil ist bilder- und figurenreich, geistsprühend, nicht selten satirisch, was sich bis zum blutigen Sarkasmus steigern kann. Sinn für Humor zeigt sich mehrfach in der liebenswürdigen Form der Selbstpersiflage. Die Zeitgenossen bewundern vor allen den Schriftsteller, die Kirchenväter und das Mittelalter den Sittenprediger.
Senecas philosophische Briefe zählen zum besten der römischen Literatur überhaupt, und wer Freude am Formulieren hat, findet hier, was er sucht.  Immer wieder begegnen Sätze, die als brillante, zeitlos gültige Aphorismen herauslösbar sind. Kein Wunder, dass immer wieder Seneca-Breviere erscheinen und sich neuerdings wieder einer besonderen Beliebtheit erfreuen, man denke an Titel wie „Seneca für Manager“, „Senecas Wege zur inneren Freiheit“, „Seneca für Gestresste“ und „Seneca für Zeitgenossen“. 
Rom, sagt man, hat überhaupt nur zwei Philosophen hervorgebracht. Cicero hat die Philosophie in Rom heimisch gemacht, Seneca hat sie zum Leben erweckt. Beider Wirkung auf die westliche Geistesgeschichte ist unermesslich.

Buch 1: SEN.ep.I

epistula 1: Seneca beginnt seine Briefsammlung mit einer Aufforderung an Lucilius: Befreie dich für dich selbst! Sein Freund und Schüler soll sich von unwesentlichen Geschäften freimachen, um Zeit für die Philosophie zu gewinnen. Die Zeit sei der einzig wirkliche Besitz eines Menschen, und gerade damit gehe er bedenkenlos um. Jeder Tag bringe einen dem Tode näher, also sei das ganze Leben ein Sterben. Darum müsse man sparsam mit der Zeit umgehen, jeder Tag ohne Philosophie sei ein verlorener Tag. - epistula 2: Bei der Lektüre gilt nach Seneca: Vieles, aber nicht vielerlei! Lucilius soll nicht wahllos lesen, sondern sich auf die besten Autoren beschränken, und diese oft lesen. - epistula3: Wie wählt man Freunde aus, und was darf man ihnen anvertrauen? Seneca rät: Zuerst prüfen, zuerst vorsichtig und misstrauisch sein, dann vertrauen, nicht umgekehrt. Wem man nicht alles anvertrauen kann, der kann kein wahrer Freund sein. - epistula 4: Wie erreiche ich Gelassenheit, wie kann ich ohne Angst leben? Senecas Antwort: Indem du die Bedeutung deines Lebens nicht überschätzt.  - epistula 5: Philosophieren bedeutet nicht weltfremd sein. Der Philosoph soll sich nicht durch sein Auftreten und sein äußeres Erscheinungsbild von seinen Mitmenschen entfremden. Er soll andere für die Philosophie gewinnen, nicht von ihr abschrecken. - epistula 6: Philosophie lernt man eher durch Vorbilder als durch Belehrung. Die großen Philosophen haben alle mehr durch ihre Persönlichkeit, durch ihr vorbildhaftes Leben gewirkt als durch ihre Lehren. Auch soll Lucilius nicht nur Lehren von Seneca empfangen, er soll sie ihm auch   vermitteln: sie sollen sich gegenseitig zu philosophischen Erkenntnissen führen.epistula 7: Halt dich von der Masse fern! Seneca schildert sehr eindringlich die Stimmung der Zuschauer während eines Gladiatorenkampfes. Die Nerven der meisten heutigen Zuschauer wären wohl dem Anblick solcher Spiele nicht gewachsen. Unfassbar, mit welchen Zurufen das Publikum die Gladiatoren anfeuerte: „Mach ihn tot! Hau ihn! Heiz ihm ein! Warum läuft er so ängstlich ins Messer? Warum bringt er ihn so zaghaft um? Er hat wohl Angst vorm Sterben!“ - Die Diskussionen über die Brutalisierung des Sports und die Gefahren gewalttätiger Darstellungen in den modernen Medien zeigen, wie zeitlos aktuell die Gedanken  Senecas sind.  Für ihn jedenfalls ist der schädliche Einfluss von Gewaltdarstellungen nicht zweifelhaft: „Ich habe ein Gladiatorenspiel erlebt: grausamer und unmenschlicher komme ich zurück“. –  epistula 8: Der achte Brief erklärt das zurückgezogene, allem Überflüssigen entsagende Leben des Philosophen zum einzig wirklichen. „Glaube mir, wer scheinbar nichts treibt, treibt Höheres: der betreibt zugleich der Götter und der Menschen Sache“, - und er zitiert Epikur – philosophische Erbfeinde gab es für ihn  nicht, sofern sie richtiges sagten: „Du musst der Philosophie dienen, um die wahre Freiheit zu erhalten“. - epistula 9: Braucht der Weise Freunde, fragt Lucilius seinen Lehrer. Der Weise, so sagt Seneca, erfreut sich an der Freundschaft, er sucht sie, aber er kann auf sie verzichten, wenn sie ihm vom Schicksal genommen wird. Die wahren, einzigen Werte kann man ihm nicht nehmen: seine Tugenden. – epistula10: Die Unerfahrenen darf man mit ihren Gedanken nicht allein lassen. Aber Lucilius ist in der Philosophie bereits fortgeschritten, er darf allein philosophieren. -  epistula 11: Kein Mensch kann die Natur überwinden, auch der Weise nicht. Das demonstriert Seneca am Beispiel des Errötens aus Schüchternheit. Der Farbwechsel des Gesichts lässt sich nicht willentlich steuern, weder herbeiführen noch verhindern. – epistula12: Die Last des Alters. Humorvolle Hinführung zum Thema: Seneca besucht seine Villa, stellt Schäden an Gebäude und Bäumen fest, sieht einen arbeitsunfähigen schwächlichen Sklaven, wird seinem Gutverwalter Nachlässigkeit vor, bis er erkennt, dass die Ursache aller beobachteten Mängel das Alter der Villa, ihrer Bäume und Menschen ist. Das Landhaus ist mit ihm alt geworden, durch seine Betrachtung wird ihm das eigene Alter bewusst. Seneca schildert auf humorvolle Weise sein eigenes Unverständnis und seine Hilflosigkeit. Darauf rät er Lucilius, dem Alter nützliche, angenehme Seiten abzugewinnen, ja sogar, es zu lieben, weil es den Menschen gelassener machen könne. An jedem Abend solle er sich freuen über den vergangenen Tag als einen Gewinn, und dem nächsten unverzagt entgegen sehen.

2 CDs Audio-Datei, 88 Min.
ISBN 978-3-938905-26-5
Bestell-Nr.: 00506A Preis € 17,90
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